Wechsel der Meldungsversionen oder doch gleich API?

Der Standard ISO 20022 definiert, wie Meldungen für die Finanzindustrie modelliert und gebildet, in welchem Format – z.B. mit XML als Auszeichnungssprache – diese dargestellt werden und wie der Prozess zur Erarbeitung und dem Unterhalt der Meldungen abläuft.

Unter ISO 20022 ist es möglich, dass es jedes Jahr eine neue Meldung für weitere Geschäftsfälle oder neue, erweiterte Versionen einer bestehenden Meldung gibt. Auf iso20022.org finden sich unter «Development» und «Maintenance» die entsprechenden Prozesse und Listen der Eingaben. Dies betrifft die Meldungen an sich, nicht jedoch die jeweiligen Market Practices und effektiven Implementationen.

Es gab die Ansicht, dass die neuen Versionen jeweils nach der Veröffentlichung auch von den Anwendern zeitnah übernommen werden. Es zeigte sich jedoch, dass dies nicht notwendig ist, da Meldungen nach ISO 20022 vom Aufbau her schon sehr flexibel einsetzbar sind. Diese können die veränderten Anforderungen der Märkte mit bestehenden Meldungsversionen fast immer gut abdecken. Zwar führt das bisweilen zu einer bewussten Fehl-Nutzung einzelner Elemente, beschädigt aber den Standard an sich nicht. So werden für den Zahlungsverkehr in der Schweiz, wie auch in SEPA, immer noch die Meldungen, welche 2009 veröffentlich wurden, verwendet.

Mit der Ankündigung von SWIFT und anderen Marktinfrastrukturen, den Zahlungsverkehr auch auf ISO 20022 umzustellen, hat sich nun eine neue Dynamik entwickelt. Die laufenden Umstellungen beinhalten aktualisierte Versionen der Meldungen. Viele Initianten dieser Vorhaben haben sich für die Versionen Stand 2019 entschieden, so etwa SWIFT oder auch die Europäische Zentralbank (EZB) für Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System 2 (TARGET 2). Diese haben in der Regel auch zusätzliche Elemente, die wiederum erweiterte oder neue Services ermöglichen. Um in einer vernetzten Welt die Vorteile der übergreifenden Anwendung von ISO 20022 auch wirklich ausschöpfen zu können, müssen sich Märkte und Implementationen entsprechend angleichen.

Aus diesem Grund haben die zuständigen Gremien in der Schweiz, aber auch in SEPA entschieden, einen Versionswechsel auf Basis der Meldungen von 2019 anzugehen. Für die Schweiz ist die Umstellung auf das Jahr 2022 zusammen mit dem Start der Migration von SWIFT und der Umstellung von TARGET 2 – dem Real Time Gross Settlement-System (RTGS) des Eurosystems – geplant, beziehungsweise bereits in Arbeit. Auch wenn das SEPA-Schema erst 2023 folgen wird, führen die meisten Banken in Europa mit der Umstellung von TARGET 2 für einen Teil ihres Zahlungsverkehrs die neuen Versionen schon im Jahr 2022 ein.

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FÜR DEN SCHWEIZER ZAHLUNGSVERKEHR IST ES SEIT DER MIGRATION AUF ISO 20022 DAS ERSTE MAL, DASS EIN VERSIONSWECHSEL ANSTEHT.

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Die weitere Entwicklung wird zeigen, ob ein nächster Wechsel nicht schneller kommen wird. Gerade neue Entwicklungen im Zahlungsverkehr, wie zum Beispiel die Verbreitung sogenannter «Proxy» für Kontonummern – z.B. der Ersatz der Kontonummer durch eine Mobile-Nummer bei der Beauftragung der Zahlung durch den Endkunden – oder alternativen Zahlungsmethoden – Mobile-Wallets anstellen von Bankkonten – sind bereits jetzt für neuere Versionen vorgesehen. Setzen sich solche Konzepte in der Schweiz oder in einem für die Schweizer Anbieter wichtigen Markt durch, wird der Druck auf eine erneute Angleichung steigen.

Eine weitere, parallele Entwicklung ist der Ersatz von eigentlichen Meldungen mit API. Dabei geht es weniger um den vollständigen Ersatz einer bestimmten Meldung durch ein API, sondern um eine weitere Art der Kommunikation zwischen zwei Systemen, bei denen je nach Anwendungsfall ein API besser geeignet ist. Auch auf diese Entwicklung haben sowohl die Marktteilnehmer als auch die Standardisierungs-Gremien reagiert. So gibt es einerseits den Ansatz, nicht nur Meldungen sondern API-Ressourcen unter ISO 20022 zu registrieren, anderseits sind die Marktteilnehmer in der Schweiz daran, die jeweiligen Rollen bei der Standardisierung und Implementation zu klären.

Während die bekannten Gremien im Zahlungsverkehr, wie z.B. das PaCoS (Payment Committee Switzerland) bei Swiss Payment Standard auch neu die API im Blickfeld haben, werden in der TK STM übergreifende Themen diskutiert, Experten in die jeweiligen internationalen Gremien entsendet und Einfluss auf die Entwicklung in den ISO Standards, wie eben ISO 20022 oder der Technischen Spezifikation ISO/TS 23029 «Webservice-based Application Programming Interface (WAPI) in Financial Services» genommen.

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DIE LAUFENDE ADAPTION VON NEUEN VERSIONEN ODER AUSPRÄGUNGEN IST NOTWENDIG.

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Moderne Standards sind grundsätzlich darauf ausgerichtet, auch neue technische Entwicklungen zu unterstützten. Schlussendlich liegt es aber an den Marktteilnehmern, diese Möglichkeiten auch zu nutzen und die eigenen Prozesse und Systeme weiterzuentwickeln. Auch deshalb ist eine laufende Adaption von neuen Versionen oder Ausprägungen notwendig. Einen Standard zu haben, der sich nicht verändert, aber doch neue Technologien und Anwendungen unterstützt, und Implementationen, die nicht angepasst werden müssen, ist doch eher unwahrscheinlich.

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